Arabischer Frühling bei Busuu.com
Durchs Reden kommen die Leute zusammen: Das österreichische Startup Busuu kombiniert Social Media mit Sprachen lernen – der Erfolg gibt ihnen Recht, nach drei-einhalb Jahren zählt die Plattform bereits 10 Mio. Mitglieder. Neu im Portfolio: Arabisch, Mandarin und Japanisch.
Hohe Arbeitslosigkeit, ein radikales Sparpaket – für Bernhard Niesner scheint in Spanien dennoch die Sonne. Der 32-jährige Wiener betreibt gemeinsam mit dem Liechtensteiner Adrian Hilti seit drei-einhalb Jahren die Sprachlern-Plattform busuu.com. Das anfänglich eigenfinanzierte Startup wurde bereits mehrfach ausgezeichnet und knackte im Vorjahr die 10-Millionen-User-Marke. “Ich habe damals (2008, Anmerk.) den MBA auf der Business School in Madrid gemacht, da habe ich den Adrian kennen gelernt”, erinnert sich Niesner. “Das war die Zeit als Facebook gerade nach Spanien kam und wir uns gedacht haben, ob man nicht Social Media mit Sprachen lernen verbinden kann.”
Bootstrapped gestartet, mit Blogmarketing und youtube zum Erfolg
Gesagt, getan – Busuu war geboren. “Wir waren bootstrapped für zwei Jahre – das war natürlich eine relativ schwierige Zeit. Ohne Gehalt, ohne zu wissen ob das funktionieren wird – das war superintensiv, wir sind da nächtelang im Büro gesessen”, so Niesner, der genau diesen Umstand aber zugleich als Erfolgsfaktor festmacht. “Es hat uns geholfen, effizient zu bleiben und uns zu fokussieren. Zudem haben wir jetzt mit Abstand mehr Anteile an unserer Firma, als das normalerweise üblich ist.” Während Mitbewerber Fundings in Millionenhöhe lukrierten, setzten Niesner und Hilti auf Blogmarketing und räumten mit ihren innovativen Youtube-Kampagnen sogar einen Silbernen Löwen in Cannes ab. “Wir haben zunächst mit Praktikanten relevante Blogger in den unterschiedlichen Sprachen identifiziert und beinhart angeschrieben”, sagt Niesner. “Da hatten wir zu Beginn eine relativ gute Coverage, mittlerweile haben wir schon einen ganz guten Namen.” Mit exotischen Kommunikationsformen wie der Pfeifsprache Silbo Gomero oder Kameruns Regionalsprache Busuu wurden auf youtube knackige Werbespots lanciert. “Das war natürlich eine Gaudi. Wir haben eine spanische Kreativ-Agentur nach Kamerun geschickt und die haben wirklich die (8, Anmerk.) Leute gefunden, das aufgezeichnet und mittlerweile kann man auch busuu über unsere Website lernen”, so Niesner.
Busuu macht Brasilien fit für die WM 2014
Die Beiden haben schnell gemerkt,dass man global denken muss – vor allem wenn man mit Sprachen handelt. “Es klingt schon sehr abgelutscht, aber Think big ist notwendig. Das hat uns auch vom Volumen her in eine ganz andere Kategorie katapultiert. Da geht’s um Scalability, also geringe Wachstumskosten wenn das Produkt an sich einmal funktioniert. Da wäre ich bescheuert, wenn ich das auf einen geographischen Breitengrad beschränke”, appeliert Niesner. Bester Beweis: In der Hitparade der busuu-Nutzer lag mit Ende 2011 Brasilien vor Russland, der Ukraine und Spanien. “Wir wachsen aber auch sehr stark in Kolumbien, Türkei und generell Lateinamerika”, erklärt Niesner. Während man Sprachenlernen in unseren Breitengraden eher als Hobby oder Vorbereitung für den nächsten Urlaub sieht, ist es in diesen Ländern ein möglicher Weg zum Wohlstand. So werden etwa in Brasilien angesichts der bevorstehenden WM 2014 bereits Kooperationen geplant, um den Leuten mit Englisch-Kursen bessere Verdienstmöglichkeiten im Rahmen der WM zu ermöglichen.
“Wir wollten nie nur Money”
Busuu selbst verdient sein Geld mit einem Freemium-Modell, bietet zusätzlich noch Business-Englisch-Kurse gegen Entgelt an. “Das funktioniert ganz gut, wir haben mehrere Tausend User die dafür zahlen”, so Niesner. Mittlerweile hat der 32-Jährige auch bereits zwei Business Angels an Bord. Im Februar 2010 kam Johann Hansmann ins Boot, ein Jahr später gesellte sich auch Martin Varsavsky dazu. “Wir wollten nie nur Money. Beim Hansi war es einerseits seine Kontakte, andererseits seniorer Input – der hat schon so viele Sachen gesehen, das ist natürlich extrem hilfreich”, erklärt Niesner. “Der Martin Varsavsky ist eine Ikone der Internetbranche, super connected und hat uns sehr gute Kontakte gebracht.” Gut aufgestellt hat Niesner für die nächsten Jahre auch große Pläne. Er sagt: “Wir wollen die größte Sprachlernmarke der Welt sein, bis 2015 wollen wir bis zu 50 Mio. User haben.” Derzeit umfasst das Service 10 Sprachen, nach Arabisch wird Anfang diesen Jahres noch Mandarin und Japanisch dazukommen. 13 Mitarbeiter und mehr als 40 Freelancer zählt das Unternehmen derzeit, das soll nach Abschluss einer weiteren Investierungsrunde ebenfalls noch “drastisch” anwachsen. Auch eine Rückkehr nach Österreich ist nicht ausgeschlossen: “Ich war von der StartEurope-Konferenz stark beeindruckt, zudem ist Wien eine super-attraktive Stadt”, sagt Niesner. “Und es tut sich wahnsinnig viel, es ist immer mehr Talent in Startups vorhanden.” In Spanien regiert die Krise, die Wirtschaft ist in Katerstimmung. “Österreich ist dahingehend gut positioniert, auch mit seiner Förderlandschaft und der Motivation der Leute”, so Niesner. “Eventuell werde ich nach Busuu in Wien ein Startup aufbauen.”