Locher: “Dann lieber Kopfschuss”
In unserer Interview-Serie “View from above” packen Entrepreneure aus: Was treibt sie an, was nervt sie und welche bitteren Lektionen haben sie gelernt? Diesmal zu Gast: LOOKK-Co-Founder Tamas Locher.
1. Was ist des Geheimnis des Erfolgs als Unternehmer?
Tamas Locher: “Das fundamentalste, was in der DNA drin sein muss würde ich jetzt im Wort Persistence, sprich Hartnäckigkeit zusammenfassen. Du bekommst nicht nur jeden Tag, sondern stundenweise so richtig in die Fresse, du musst aber aufstehen und weiter rennen. Was ich für uns sagen kann für uns, ist es am allerhärtesten beim Kunden. Wenn der das Produkt ignoriert, das ist das härteste, was dir passieren kann. Aber selbst da muss man immer wieder aufstehen und mit Kunden reden und diese Hartnäckigkeit zeigen, nicht aufgeben.”
2. Was hat dich im Aufbau des Unternehmens genervt bzw. verrückt gemacht?
Locher: “Wir sind ja auch durchs Seedcamp gegangen, der erste Kontakt mit VCs war für uns extrem schmerzvoll. Genervt ist dafür vielleicht das falsche Wort, aber die haben nicht nur uns, sondern auch das Geschäft, das wir aufbauen wollten, zerlegt. Die haben das extremst analytisch in ihre einzelnen Bausteine zerlegt und im Endeffekt dann gesagt, das ist Shit. Das ist sehr, sehr schmerzhaft zu hören. Aber das hat uns definitiv weiser gemacht. Nicht nur im Verständnis für VCs, sondern auch generell wie die Welt funktioniert und wie hart es da draußen ist.”
3. Was sind die Dinge die dich tagtäglich antreiben?
Locher: “Das klingt jetzt irgendwie cheesy, aber für mich ist es auf jeden Fall Selbstverwirklichung. Es ist mehr als für Geld zu arbeiten. Im Grunde ist es ja so: Wir werden eh alle sterben und der Mensch ist so programmiert, dass er arbeiten will. Viele Leute arbeiten aber falsch, nehmen das als notwendiges Übel. Bei einem Entrepreneur ist das fundamental anders. Er sieht diesen Prozess als unglaubliche Bereicherung für sein Leben. Natürlich sollte das gepaart sein mit viel mehr Geld als bei klassischer Arbeit, aber das ist definitiv nicht der primäre Treiber. Wenn es so wäre, dann würde wir auch ein Copycat machen. Das sind zwei unterschiedliche Typen von Entrepreneuren.”
4. Wie schaut ein typischer Arbeitstag von dir in London aus?
Locher: “Den gibt es nicht wirklich. Ich suche noch danach, weil es mir sehr recht wäre wenn es so etwas gäbe. Ich bräuchte auch mehr Struktur, momentan ist es noch zu chaotisch weil jeden Tag so viel auf mich hereinstürzt mit dem ich mich auch noch beschäftigen muss. Was mir aber am meisten Spaß macht, sind Tage wo ich in der Welt unterwegs bin um strategische Aufgaben zu erledigen und erfolgreich bin. Dann zu sehen, dass im Headquarter die Sachen auch positiv vorangehen und das Team ohne mein Zutun funktioniert ist sehr schön. Das ist zwar kein typischer Arbeitstag, aber so habe ich das gern.”
5. Wenn du noch einmal neu starten müsstest, was würdest du anders machen?
Locher: “Etwas wo wir bis heute am meisten Probleme haben ist die Modewelt aus Systemsicht genau zu kennen und zu verstehen. Wir sind nur davon ausgegangen, dass es eine riesengroße Industrie ist, von Menschen getrieben und dass da etwas passieren wird. Aber diese Industrie hat einfach Elemente, die wir so nicht gesehen haben.”
6. Wenn du nicht bei LOOKK arbeiten würdest, was würdest du tun?
Locher: “Ein anderes Unternehmen bauen, ohne Scheiß. Ich könnte mir nicht vorstellen, bei einem größeren Unternehmen oder einer Niederlassung eines Unternehmens in Wien zu arbeiten, beim besten Willen nicht. Ich hätte mich früher vielleicht damit abgefunden, aber heute will ich nicht Teil eines größeren Systems zu sein. Was ich mir vorstellen könnte, dass ich bei einem Crazy Rider, einem extrem coolen Startup, mitmache. Aber so ein klassischer 9-to-5-Job wäre zu wenig, dann lieber Kopfschuss. Nein im Ernst, dann würde ich wahrscheinlich untertauchen nach Thailand oder so. Aber ich sagte auch nicht, dass ich normal bin. Bitte nicht nachmachen.”
7. Welcher Song würde dein momentanes Leben gut beschreiben?
Locher: “Das klingt jetzt extrem langweilig, aber ich bin jetzt kein Musikexperte. Aktuell höre ich im Office entweder Jazz oder Deep-House, ich bin da extrem variabel. Play me a song and I tell you if I like it.”
8. Was kannst du jungen Unternehmern in Österreich mitgeben?
Locher: “Es hängt davon ab, welch ein Unternehmen man versucht zu bauen. Wenn du versuchst ein B2C-Webprodukt zu bauen musst du weg, bei B2Bkannst du bleiben. Da gibt es aber natürlich Ausnahmen, also zum Beispiel wenn du E-Commerce für eine bestimmte Region aufbaust, dass keine Netzwerkeffekte erfordert. Das wird halt kein so großes Unternehmen, kann aber schon auch spannend sein. Aber wenn du die Welt ändern willst, etwas mit größerem Impact machen willst, dann geht das wahrscheinlich von Österreich aus nicht. Zumindest gab es in den letzten 20 Jahren kein Beispiel dafür, obwohl es viele Unternehmen gab.”